Für Arztpraxen und Apotheken: So meistern Sie das E-Rezept

Das E-Rezept ist da. Nach einem wahren Zickzackkurs und etlichen Verzögerungen wurde die Nutzung der elektronischen Verordnung zum 1. Januar 2024 bundesweit verpflichtend eingeführt. Seitdem müssen alle Arztpraxen und Apotheken flächendeckend in der Lage sein, E-Rezepte auszustellen bzw. einzulösen. Im nachfolgenden Artikel erklären wir, was Heilberufler im Zuge des E-Rezept-Starts unbedingt beachten müssen, welche technischen Voraussetzungen zu erfüllen sind und wie der Arbeitsalltag mit dem E-Rezept im Detail funktioniert.

Für die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens war der 3. Juli 2020 ein bedeutender Tag: Der Bundestag beschloss das sogenannte Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG) und machte damit den Weg frei für ein Großprojekt, das eine neue Ära in der Patientenversorgung prägen soll: das E-Rezept.

Ursprünglich war das elektronische Rezept als erste Anwendung der Telematikinfrastruktur (TI) bereits im GKV-Modernisierungsgesetz von 2004 vorgesehen, die Einführung sollte im Jahr 2006 stattfinden – allerdings scheiterte das Projekt krachend. Fast zwei Jahr­zehnte nach dem ers­ten Ver­such sollte es dann endlich klappen – auch wenn der Umsetzungsprozess von etlichen Planänderungen und erheblichen Verzögerungen geprägt war.

Die Kurzversion liest sich wie folgt:

  • Juli 2021: Das oben genannte Patientendaten-Schutz-Gesetz tritt in Kraft.
  • Oktober 2021: Die freiwillige bundesweite Einführung des E-Rezepts wird auf Dezember 2021 verschoben.
  • Dezember 2021: Eine erste E-Rezept-Testphase in der Fokusregion Berlin-Brandenburg bringt keine nennenswerten Ergebnisse.
  • Dezember 2021: Der verpflichtende Starttermin des E-Rezepts – der 1. Januar 2022 – wird um drei Monate verschoben.
  • Januar 2022: Das BMG setzt den gesamten E-Rezept-Rollout für unbestimmte Zeit aus.
  • August 2022: Die KV Schleswig-Holstein bricht eine erneute Testphase vorzeitig ab.
  • November 2022: Die KV Westfalen-Lippe steigt als letzte verbliebene Pilot-Region aus dem E-Rezept-Feldtest aus.
  • August 2023: E-Rezepte sind ab sofort auch per Gesundheitskarte (eGK) in Apotheken einlösbar – ein echter “Game Changer” für das Großprojekt.
  • Januar 2024: Das E-Rezept wird bundesweit verpflichtend eingeführt.

Mit der verpflichtenden Einführung des E-Rezepts ist das altehrwürdige Muster-16 für verschreibungspflichtige Arzneimittel Geschichte. Statt dem rosafarbenen Papierzettel müssen vom Arzt ausgestellte Verordnungen nun also per elektronischer Gesundheitskarte (eGK), per App oder per Ausdruck in der Apotheke eingelöst werden.

Für Patienten ändert sich somit lediglich das Medium, auf dem das Rezept eingelöst wird. Für Praxen und Apotheken stellt die E-Rezept-Pflicht hingegen altbewährte interne Abläufe auf den Kopf. Das E-Rezept – so viel muss klar sein – ist ein Projekt, das Umstrukturierung, Umrüstung und Umdenken im Gesundheitswesen erfordert.

Das E-Rezept: Was das Großprojekt für Apotheken und Arztpraxen bedeutet (Vorteile, Voraussetzungen, Funktionen)

Das E-Rezept: Grundlagen und Voraussetzungen

Um handlungsfähig zu bleiben und einen reibungslosen Ablauf bei der Ausstellung und der Einlösung der elektronischen Verordnungen zu gewährleisten, müssen Praxen und Apotheken deshalb einige technische Vorkehrungen treffen. Diese wichtigsten Punkte haben wir nachfolgend aufgeführt.

TI-Anbindung über einen Konnektor

Die Telematikinfrastruktur vernetzt die wichtigsten Leistungsträger untereinander und soll ein insgesamt effizienter arbeitendes Gesundheitswesen mit schnellen und sicheren Kommunikationswegen garantieren. In ihrer Rolle als “Datenautobahn des Gesundheitswesens” ist sie Grundvoraussetzung für eine Reihe wichtiger eHealth-Anwendungen, wie zum Beispiel für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), die elektronische Patientenakte (ePA) oder den eArztbrief. Auch für die Übermittlung des E-Rezepts wird ein TI-Anschluss benötigt. Die Verbindung zur TI wird dabei über einen sogenannten Konnektor hergestellt.

Praxen brauchen einen solchen Konnektor auch für die qualifizierte elektronische Signatur (QES), die jeder Arzt beim Ausstellen einer Verordnung leisten muss. Die QES ersetzt die manuelle Unterschrift des Papier-Rezepts und kann auf drei unterschiedliche Arten erfolgen:

  • Einzelsignatur
    Bei dieser Funktion muss der Arzt pro Arzneimittelverordnung eine PIN-Eingabe auf seinem Kartenlesegerät tätigen.
  • Stapelsignatur
    Diese Funktion ermöglicht das Signieren von mehreren Verordnungen auf einmal, zum Beispiel am Ende des Tages.
  • Komfortsignatur
    Mit dieser zeitunabhängigen Variante können innerhalb von 24 Stunden bis zu 250 Dokumente mit nur einer PIN-Eingabe elektronisch signiert werden.

Wichtig: Um auf das E-Rezept und den neuen digitalen Praxisalltag perfekt vorbereitet zu sein, müssen Ärzte unbedingt eine Aufrüstung ihres Konnektors auf die Produkttypversion 4 Plus (PTV4+) vornehmen – denn nur dann kann in der Praxis die Komfortsignatur genutzt werden.

RED hat im Rahmen eines kostenlosen Updates die Konnektoren aller RED-Kunden von Produkttypversion 4 auf 4 Plus (PTV4+) gehoben. Damit entsprechen sie dem neuesten Stand der Technik.

Sie benötigen einen Anschluss an die Telematikinfrastruktur und möchten gerne mehr darüber erfahren?

eHBA 2.0 und moderner Drucker

Neben einem Konnektor mit mindestens Updateversion 4 (“PTV4”) werden für die qualifizierte elektronische Signatur (QES) zwei weitere Faktoren benötigt: der persönliche elektronische Heilberufsausweis (eHBA) und die dazugehörige PIN. Zur Identifikation müssen Ärzte den elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) in das Kartenterminal stecken und mit einer PIN-Eingabe freischalten. Herausgeber des elektronischen Heilberufsausweises sind die Landesärztekammern.

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Für eine problemlose E-Rezept-Ausstellung sollten Praxen zudem über einen modernen Drucker verfügen. Will oder kann ein Patient das eRezept nämlich nicht per App oder eGK einlösen, erhält er vom Arzt einen QR-Code-Ausdruck. Für einen solchen Ausdruck ist ein entsprechendes Gerät mit einer Mindestauflösung von 300 dpi notwendig, um ein sauberes Druckbild zu gewährleisten und Probleme beispielsweise beim Abscannen zu vermeiden. Dazu sind die meisten modernen Drucker in der Lage, während bei Nadeldruckern dagegen häufig Probleme auftreten und ein Ausdruck bis zu 50 Sekunden in Anspruch nehmen kann. Mehr zu den unterschiedlichen Druckmöglichkeiten erfahren Sie in unserem Blogartikel “Das richtige Druckverfahren für Ihre Arztpraxis”.

Das E-Rezept und seine Voraussetzungen: Ärzte müssen über einen modernen Drucker verfügen

PVS-Update

Für die Umsetzung der technisch-funktionalen Vorgaben der gematik sind die PVS-Hersteller verantwortlich – sie müssen ihre Arztsoftware um die E-Rezept-Funktionalität erweitern.

RED hat ein solches Update bereits 2023 durchgeführt. Ärzte, die mit RED medical arbeiten, konnten deshalb bereits vor dem 1. Januar 2024 E-Rezepte ausstellen.

RED medical

Die webbasierte Praxissoftware erleichtert den Berufsalltag vieler Ärzte mit modernsten Technologien und zertifizierter Sicherheitsarchitektur.

Das E-Rezept: Ausstellung und Einlösung

Das E-Rezept ist ein anspruchsvolles Vorhaben mit vielen Beteiligten – damit alles funktioniert, muss ein Rädchen ins andere greifen. Läuft alles ideal, sieht der Verordnungsablauf künftig wie folgt aus:

  1. E-Rezept ausstellen
    Patienten erhalten nach dem Arztbesuch künftig anstatt eines Papier-Rezepts ein elektronisches Rezept. Der Arzt erstellt hierfür die Verordnung wie gewohnt im Praxisverwaltungssystem (PVS). Dieser Vorgang unterscheidet sich nicht vom aktuellen Papier-Vorgang und sieht je nach Praxissoftware unterschiedlich aus.
  2. E-Rezept signieren
    Anschließend “unterschreibt” der Arzt das E-Rezept mittels der qualifizierten elektronischen Signatur. Er kann sich dabei für die Einzel-, Stapel- oder die Komfortsignatur entscheiden (Details siehe oben). Unterstützt das PVS – wie bei RED medical – die Komfortsignatur, lassen sich bis zu 250 Signaturvorgänge durch einmaliges Eingeben der PIN “unterzeichnen”. Zu beachten ist jedoch, dass ärztliche Anordnungen nur persönlich autorisiert werden dürfen und der eHBA während der “Komfortsignatur”-Laufzeit nicht aus dem Kartenlesegerät entfernt werden darf. Eine sichere Aufbewahrung des eHBA und des entsprechenden Kartenterminals ist daher unabdingbar.
  3. E-Rezept in die Telematikinfrastruktur laden
    Das digital vom Arzt signierte E-Rezept wird jetzt im E-Rezept-Fachdienst, einem zentralen Server innerhalb der Telematikinfrastruktur, eingestellt.
  4. E-Rezept einlösen
    Der Patient hat aktuell drei Möglichkeiten, um über das E-Rezept zu verfügen: per elektronischer Gesundheitskarte (eGK), per E-Rezept-App oder per ausgedrucktem Rezept-Code. In Zukunft wird es außerdem möglich sein, elektronische Verordnungen via CardLink einzulösen. Wichtig: Für den Arzt spielt es beim Ausstellen allerdings keine Rolle, auf welche Weise der Patient das E-Rezept in der Apotheke einlösen wird, denn die Verordnung wird immer auf einem zentralen Server innerhalb der TI gespeichert. Die eGK, die App und der ausgedruckte Rezept-Code sind lediglich die “Schlüssel”, mit denen die Apotheke die E-Rezepte aus der TI abrufen kann.

Die eGK des Patienten wird in der Apotheke in ein Kartenterminal gesteckt. Das E-Rezept lässt sich nun vom E-Rezept-Server innerhalb der Telematikinfrastruktur abrufen – und die Apotheke kann dem Patienten das Arzneimittel übergeben. Wichtig: Für das Einlösen mit der eGK benötigt der Patient bzw. der Versicherte keine PIN.

Übrigens: Die elektronische Gesundheitskarte wurde 2015 verpflichtend für alle Kassenpatienten eingeführt, um eine effiziente digitale Versorgung zu gewährleisten. Jedoch ist sie datenschutzrechtlich nicht unumstritten.

Hat sich der Patient mit einer NFC-fähigen eGK in der E-Rezept-App autorisiert, kann er das E-Rezept über sein Smartphone digital an die gewünschte Apotheke senden. Sobald das verordnete Arzneimittel zur Verfügung steht, kann er es vor Ort abholen oder per Botendienst direkt an die Haustüre liefern lassen. Hat sich der Patient nicht autorisiert, steht die Funktion zum Senden der Rezepte nicht zur Verfügung. Er muss in diesem Fall mit dem Smartphone in die Apotheke gehen und dort mit seiner App den Abrufcode des E-Rezepts als Barcode vorzeigen. Diese Funktion ist auch ohne vorherige Anmeldung in der App verfügbar.

Patienten können von ihrem Arzt auch einen Papierausdruck mit individuellen Zugangsdaten erhalten, um ihr E-Rezept in der Apotheke vor Ort einzulösen. Gut zu wissen: Der Arzt muss den Ausdruck nicht unterschreiben und kann ihn im A5- oder A4-Format erstellen. Ein Schwarz-Weiß-Druck reicht aus, um das E-Rezept einzulösen.

Neben den drei bekannten E-Rezept-Einlösewegen wird es in Zukunft auch möglich sein, elektronische Verordnungen via CardLink abzurufen. Mit CardLink kann ein Patient E-Rezepte an eine Apotheke übertragen, indem er seine eGK an sein Handy hält.

Konkret sieht der Vorgang wie folgt aus: Die eGK wird über eine App, die auf dem Smartphone des Versicherten installiert ist, mit dem eHealth-CardLink verbunden. Dieser eHealth-CardLink übernimmt die Rolle des Kartenterminals und stellt wiederum eine Verbindung zum Konnektor der Apotheke her – wodurch die Apotheke die Rezepte aus der TI abrufen und die Arzneimittel aushändigen kann.

Anforderungen und genauer Ablauf: So funktioniert das E-Rezept in der Apotheke

Fragen und Antworten zum E-Rezept

Das E-Rezept spielt eine zentrale Rolle bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Neben der allgemeinen Verbesserung der Arzneimittelsicherheit betrifft der wohl augenscheinlichste Mehrwert den Patienten selbst. Er spart durch das E-Rezept Zeit und vermeidet dank Lieferoption oder Vorab-Bestellung unnötige Wege in die Apotheke. Aber auch die Praxen können in der Theorie profitieren, wenn z. B. keine handschriftlichen Unterschriften mehr notwendig sind, weniger Papierausdrucke anfallen und (Folge-)Rezepte ohne physischen Arztbesuch beispielsweise per Videosprechstunde ausgestellt werden können.

Trotz der verbindlichen Einführung des E-Rezepts am 1. Januar 2024 sehen die gesetzlichen und bundesmantelvertraglichen Regelungen vor, dass das Papier-Rezept (Muster 16) unter bestimmten Umständen dennoch zum Einsatz kommt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die TI nicht erreicht werden kann, die Praxissoftware defekt ist oder Internetprobleme bestehen. Außerdem können Ärzte auf das Muster 16 zurückgreifen, falls eine bestimmte Verordnung noch nicht über die TI als E-Rezept übermittelt werden kann, wie z. B. Hilfsmittel, Verbandmittel, DiGA oder Teststreifen.

Viele Ärzte nutzen aktuell die Stapelsignatur als elektronische Unterschriftvariante. Bei dieser Art der digitalen Signatur werden die E-Rezepte nicht sofort beim Ausstellen signiert, sondern zunächst gesammelt und dann zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Rutsch unterzeichnet – zum Beispiel am Ende eines Arbeitstags.

Das Problem: Dieser zeitliche Versatz sorgt dafür, dass die Rezepte oftmals noch nicht unterschrieben sind, wenn der Patient die Apotheke betritt. Die Apotheke kann das E-Rezept somit nicht vom E-Rezept-Server innerhalb der TI abrufen und der Patient muss in die Praxis zurückkehren, um eine zeitnahe Signatur anzustoßen oder einen Rezeptausdruck anzufordern. Ärzte sollten daher unbedingt die Komfortsignatur nutzen.

Das E-Rezept: Wo herrscht noch Verbesserungspotenzial?

Aktuell sind es vor allem technische Probleme, mit denen zahlreiche Arztpraxen und Apotheken zu kämpfen haben. So treten beispielsweise immer wieder Störungen an wichtigen TI-Komponenten auf, was dazu führt, dass E-Rezepte weder ausgestellt noch abgerufen werden können.

Letzteres ist vor allem für Apotheken ärgerlich, da sie im Gegensatz zu den Ärzten keine analoge “Fallback”-Lösung (Muster-16) haben und die Kunden bei Verbindungsproblemen wieder zurück in die Praxis schicken oder zur Konkurrenz ziehen lassen müssen.

Es empfiehlt sich daher, ein redundantes System für den Störfall bereitzuhalten, das jederzeit einsatzbereit ist, falls der E-Rezept-Abruf streikt.